Wer ein Haus baut oder saniert, muss sich nicht nur Gedanken über Wände, Fenster und Dach machen, sondern auch über die unsichtbaren, aber essenziellen Details. Eines davon ist die Abdichtung der Mehrspartenhauseinführung gegen eindringendes Wasser. Hier kommt die sogenannte Wasserwirkungsklasse ins Spiel. Sie bestimmt, wie stark die Kellerwand durch Feuchtigkeit oder Wasser belastet wird und welche Abdichtung notwendig ist. Eine falsche Wahl kann langfristig zu feuchten Kellern und sogar Bauschäden führen.
Was sind Wasserwirkungsklassen?
Stellen Sie sich vor, Ihre Kellerwand ist wie ein Schutzschild gegen Feuchtigkeit. Doch nicht jedes Schild muss den gleichen Belastungen standhalten. Manche Keller stehen fast trocken, während andere dauerhaft von Grundwasser umgeben sind. Um hier eine einheitliche Orientierung zu bieten, wurden die Wasserwirkungsklassen definiert. Sie zeigen an, wie stark Wasser auf die Außenwand Ihres Kellers einwirkt und welche Abdichtung erforderlich ist.
Welche Wasserwirkungsklassen gibt es?
Grundsätzlich unterscheidet man vier verschiedene Klassen:
W1-E: Bodenfeuchte und nicht drückendes Wasser
Diese Klasse beschreibt die Einwirkung von Bodenfeuchte (kapillar aufsteigende oder anhaftende Feuchtigkeit) und nicht drückendem Wasser (z. B. Sickerwasser, das ungehindert versickert). Diese Belastung tritt hauptsächlich bei erdberührten Bauteilen auf.
- W1.1-E: Bodenfeuchte bei Bodenplatten
→ Gilt für Bodenplatten ohne zusätzliche Wasserbelastung. Es handelt sich um anhaftende Feuchtigkeit aus dem umgebenden Erdreich.
- W1.2-E: Bodenfeuchte und nicht drückendes Wasser bei erdberührten Wänden und Bodenplatten
→ Tritt auf, wenn neben der Bodenfeuchte auch nicht drückendes Wasser auf Bodenplatten und Kellerwände einwirkt. Zum Beispiel bei bindigen Böden (z. B. Lehm), die Wasser nur langsam versickern lassen.
W2-E: Drückendes Wasser
Diese Klasse umfasst Bauteile, die dauerhaft oder zeitweise von drückendem Wasser (z. B. Grundwasser) belastet werden.
- W2.1-E: Mäßige Einwirkung von drückendem Wasser (Wassersäule ≤ 3 Meter)
→ Gilt für Bauwerke, die von drückendem Wasser beeinflusst werden, jedoch eine geringe Wassersäule (max. 3 m) aufweisen.
- W2.2-E: Hohe Einwirkung von drückendem Wasser (Wassersäule ≥ 3 Meter)
→ Betrifft Bauwerke mit einer starken Belastung durch drückendes Wasser (z. B. Tiefgaragen oder Keller in Gegenden mit hohem Grundwasserspiegel).
W3-E: Nicht drückendes Wasser auf erdüberschütteter Decke
Diese Klasse beschreibt die Einwirkung von nicht drückendem Wasser, das sich auf einer erdüberschütteten Decke ansammelt (z. B. Tiefgaragendecken oder Kellergeschossdecken in erdberührten Bereichen).
W4-E: Spritzwasser am Wandsockel sowie Kapillarwasser in und unter erdberührten Wänden
- Spritzwasser betrifft hauptsächlich Sockelbereiche von Wänden, wo Wasser von oben oder durch Regenwasserbelastung einwirkt.
- Kapillarwasser steigt in erdberührten Bauteilen durch die Porenstruktur auf (Kapillareffekt) und kann Schäden wie Feuchteflecken oder Schimmelbildung verursachen.
Wie finde ich heraus, welche Wasserwirkungsklasse für mein Haus gilt?
Wenn Sie ein neues Haus bauen, gibt der Bodengutachter eine Einschätzung zur Wasserbelastung ab. Das ist ein wichtiger Anhaltspunkt. Auch die Art der Bodenbeschaffenheit spielt eine Rolle: Lehmige Böden lassen Wasser schlechter versickern als sandige, wodurch sich schneller aufstauendes Sickerwasser bildet.
Wer ein bestehendes Haus saniert, sollte sich ansehen, ob es bereits Feuchtigkeitsprobleme gibt. Dunkle Flecken an der Kellerwand oder muffiger Geruch sind Warnsignale. Im Zweifelsfall lohnt sich eine Beratung durch einen Fachmann.
Die Rolle der VP601 für geprüfte Abdichtungen
Die VP601 ist eine wichtige Prüf- und Zertifizierungsrichtlinie des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt). Sie legt fest, welche Anforderungen und Prüfverfahren Mehrspartenhauseinführungen erfüllen müssen, um langfristig gegen Wasser abzudichten. Produkte, die gemäß VP601 geprüft sind, erhalten ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) oder eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ). Dies stellt sicher, dass sie selbst unter anspruchsvollen Bedingungen zuverlässig abdichten.
Warum ist die richtige Wahl entscheidend?
Eine falsche Einstufung kann unangenehme Folgen haben. Wenn Sie zum Beispiel glauben, dass Ihr Haus nur Bodenfeuchte abbekommt, in Wirklichkeit aber periodisch aufstauendes Sickerwasser vorliegt, kann es zu Feuchteschäden kommen. Schimmel, bröckelnder Putz und im schlimmsten Fall eine dauerhafte Beeinträchtigung der Bausubstanz sind die Konsequenzen. Wer sich frühzeitig mit der korrekten Wasserwirkungsklasse beschäftigt, spart sich später viel Ärger.
Fazit
Die Wasserwirkungsklasse ist ein entscheidender Faktor für die sichere Abdichtung von Mehrspartenhauseinführungen. Sie gibt vor, welche Abdichtung notwendig ist, um Ihr Haus dauerhaft trocken zu halten. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit diesem Thema schützt vor teuren Folgeschäden und sorgt dafür, dass Sie lange Freude an Ihrem Haus haben.